Uzwil hat dank der hiesigen Industrie eine Schlüsselrolle in der Ernährung der Weltbevölkerung. Die Zentren von Uzwil und Niederuzwil erhalten zunehmend ein urbanes Gesicht. Trotzdem ist Uzwil auch eine Land- und Bauerngemeinde geblieben. Von den 14,5 Quadratkilometern Gemeindefläche sind 9,2 Quadratkilometer Wiesen und Äcker. 25 Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaften sie. Sie sind Teil der Schweizer Landwirtschaft, die insgesamt etwa 10’000 Quadratkilometer Fläche bewirtschaftet und etwa 150’000 Personen in knapp 50’000 Betrieben beschäftigt. Die landwirtschaftliche Produktion der Schweiz deckt etwa die Hälfte des Nahrungsmittel-Bedarfes der Bevölkerung. Der Rest muss importiert werden.
Lokal produziert
Und so produzieren auch in der Gemeinde Uzwil die Landwirtschaftsbetriebe Nahrung für die Bevölkerung. Ein Aspekt, der zu Coronazeiten und auch jetzt wieder, da in Osteuropa ein Krieg tobt, vermehrt in den Fokus rückt. Das lässt vielleicht der Selbstversorgung durch die einheimische Landwirtschaft etwas mehr Wertschätzung entgegenbringen. Der Blick in einen dieser Betriebe.
Buschel?
«Doch raunt es uns vom Buschel ob Henau zu, dass auf dieser Höhe auch ein Sitz von Edlen gewesen sein muss, von dem eben als einzige Erinnerung der Name noch Zeuge sein will.» Dem Henauer Geschichtsbuch von 1954 kann weiter entnommen werden, dass «Buschel» von Burgstall stammt, also von der Stelle, an der einst eine Burg stand. Und an diesem geschichtsträchtigen Ort, oberhalb des Dorfes, gesäumt von Wäldern, bewirtschaften Manfred und Gisela Loser ihren Hof. Vom nahen Dorf ist im besten Fall die Spitze des Kirchturmes zu sehen. 22 Hektaren bewirtschaftete Fläche im Buschel und in der Thurebene, 35 Milchkühe, die im Durchschnitt etwa 8’000 Liter Milch pro Jahr produzieren, Kälber, 50 Schweine, Hühner, Bienenvölker, 70 Hochstamm-Obstbäume, ein Hoflädeli. Das einige Eckdaten des Betriebes, der im Rahmen des Labels IP-Suisse integriert produziert.
Der erste Eindruck
Wer von der Strasse Niederuzwil-Algetshausen in Richtung Buschel abzweigt, erspäht bald einen prächtigen Obstgarten. In seinem Schatten gackern die Hühner des Betriebes auf der Wiese, etwa so wie in der Werbung für glückliche Hühner. Dann fällt die üppige Blumenpracht um den Hof auf. Ein Wildblumenbeet säumt den Garten, zur Freude der Bienen des nahen Bienenhauses. Ein Bauernhaus, Ökonomiegebäude, aufgeräumte Ordnung. Manfred Loser führt durch seinen Hof. Stolz ist er auf sein Braunvieh. Er züchtet selbst, so kenne er Herkunft und Eigenschaften der Tiere. Eine besonders tierfreundliche Haltung und das Wohl seiner Tiere sind ihm ein Anliegen. Die Kühe können sich frei im Stall bewegen, haben täglich Auslauf.
Ökologie
Zum Betrieb gehören auch extensiv genutzte Wiesen, Blühstreifen für Insekten, Steinhaufen für Reptilien, Krautsäume und Hecken. Biodiversität und Nachhaltigkeit seien ihm wichtig. Eine neue Hecke am Bach hat er unlängst gepflanzt, die Wildrosen und andere einheimische Sträucher sind gut angewachsen und bilden zusammen mit der extensiv genutzten Wiese einen wertvollen Übergangsbereich für die Natur. Ein ziemlicher Kontrast ist der Blick über den Bach, wo der Mähroboter den Rasen eines Einfamilienhauses schneidet, der praktisch bis zum Bach reicht.
Appenzeller Käse
Die Milch vom Hof gelangt in die Schaukäserei in Stein und wird dort zu Appenzeller Käse verarbeitet. Die Eier und manchmal auch Fleisch verkaufen Losers direkt ab Hof an einen Kundenstamm, den sie sich über die Jahre aufgebaut haben. Verschiedene Produkte setzen sie über ihr Hoflädeli direkt ab und sie sind weitgehend Selbstversorger. Zum Hof gehört auch die Buschel Floristik, das Reich von Gisela Loser, die so ihrem erlernten Beruf treu geblieben ist und ihn mit ihrer Rolle als Bauernfrau unter einen Hut bringt. Die meisten Blumen baut sie im Garten selbst an. Erste Dahlienblüten öffnen sich und auch sonst ist im Garten alles bunt und parat, um daraus einheimische Sträusse zu binden. Ihr Gemüse wächst in Mischkulturen, damit es möglichst ohne Eingriffe gesund bleibt, eine Schwalbenschwanzraupe reckt sich ebenso der Sonne entgegen wie ein junges Kätzchen.
Hundekot im Futter
Die Flächen des Betriebes in der Thurebene werden von einem beliebten Fussgängerweg begleitet. Schon von weitem sieht Manfred Loser eine Hundehalterin, deren Hund im hohen Gras herumspringt. Er hält an, steigt aus, begrüsst die Dame und bittet sie freundlich, den Hund aus dem Gras zu rufen. Er erklärt ihr geduldig die Gründe und auch, dass Hundekot im Futter für die Kühe eine ernsthafte Gefahr darstellt. Solche Gespräche führe er fast täglich, sagt er. Er lebt die Überzeugung, dass gegenseitige Rücksichtnahme von Bevölkerung und Landwirtschaft erforderlich ist.
Ferien und Digitalisierung
Wie halten es Losers mit Ferien? Skiferien gingen besser, weil die Natur ruhe. Sonst ein paar Tage. Wobei zunehmend schwierig werde, für die Ferien Vertretungen zu finden. Vor allem die fortschreitende Digitalisierung auf dem Hof würde pensionierte Bauern abhalten, einzuspringen. Trotz allem: Für Manfred Loser ist und bleibt Bauer ein Traumberuf.