Der zweite Sessionstag - 11. März 2025
Für einmal begrüsste uns Vice-Kantonsratspräsident Walter Freund und ging gleich zur Dringlichkeitserklärung von zwei Interpellationen über – und einmal mehr war der Wolf Thema. Die Sichtung von drei Wölfen nahe an Wohngebieten und in der Nähe von wartenden Schulkindern hatte verständlicherweise Ängste geweckt. Der Rat nahm dies mit der Dringlicherklärung der Interpellation 51.25.14, Wolf im Siedlungsgebiet, was muss noch geschehen (Link Ratsinformationssystem Kantonsrat St.Gallen), ernst und erwartete von der Regierung noch am selben Tag eine Antwort, wie sie zu handeln gedenke.
Ebenfalls mit klarer Mehrheit wurde die Dringlichkeit der Interpellation 51.25.15 der SVP-Fraktion, der Mitte-EVP-Fraktion und der FDP-Fraktion angenommen: Entlastungspaket 2027 bedroht den Flugplatz St.Gallen-Altenrhein und gefährdet zahlreiche Arbeitsplätze (Link Ratsinformationssystem Kantonsrat St.Gallen). Das Entlastungspaket 2027 des Bundes bedrohte die Existenz des Flughafens Altenrhein und damit zahlreiche Arbeitsplätze in der Region. Die drei Fraktionen forderten deshalb eine Stellungnahme der Regierung zu möglichen Gegenmassnahmen. Auch hier stimmte die Mehrheit des Rates zu, sodass die Regierung am folgenden Sitzungstag ihre Planung darlegen musste.
Beide Interpellationen standen somit nochmals auf der Traktandenliste.
Beim Geschäft 33.25.04, Kantonsratsbeschluss über die Genehmigung des Aufgaben- und Finanzplans 2026–2028 (Link Ratsinformationssystem Kantonsrat St.Gallen), übernahm für das Hauptgeschäft dieser Session wieder Kantonsratspräsidentin Barbara Dürr die Ratsführung. Die Staatsquote stieg weiterhin massiv an, deutlich stärker als die Steuereinnahmen. Dies führte zu einem strukturellen Defizit, das aus den Reserven des Kantons langfristig nicht mehr ausgeglichen werden konnte. Daher mussten Massnahmen ergriffen werden. Zur Debatte standen sowohl Mehreinnahmen (Steuererhöhungen) als auch Sparmassnahmen, ebenso die Höhe der Einsparungen. Die Mehrheit des Rates unterstützte den Antrag der Finanzkommission, der eine Steuerstrategie ohne Steuersenkungen oder -erhöhungen vorsah und zugleich klare Sparvorgaben enthielt. Bis 2028 sollte ein Sparpaket von 180 Millionen Franken umgesetzt werden – gestaffelt in 60 Millionen für 2026, 120 Millionen für 2027 und 180 Millionen für 2028. Die Ratslinke bekämpfte diesen Antrag erfolglos. Mit der Genehmigung des Finanzplans wurde die Regierung beauftragt, dem Rat bereits im Budget 2026 die ersten 60 Millionen Franken Einsparungen aufzuzeigen.
Auch der Antrag zur ganzheitlichen Steuerstrategie der Finanzkommission wurde von der Ratslinken bekämpft, jedoch von der Ratsmehrheit klar angenommen. Regierungsrat und Finanzchef des Kantons unterstützten die Strategie ebenfalls ausdrücklich.
Nach der Debatte zum Finanzplan folgten Wahlen, diesmal lediglich die Genehmigung der von der Regierung vorgeschlagenen Kandidaten.
- Genehmigung der Wahl der Mitglieder des Universitätsrates der Universität St.Gallen für die Amtsdauer 2025–2028: Alle von der Regierung gewählten Mitglieder wurden mit klarem Mehr bestätigt (Link Ratsinformationssystem Kantonsrat St.Gallen).
- Genehmigung der Wahl des Präsidenten des Universitätsrates: Zeno Staub aus Zürich wurde als neuer Präsident ebenfalls klar bestätigt.
Herzliche Gratulation an alle Gewählten zu ihrer neuen und wichtigen Aufgabe zugunsten des Standorts St.Gallen und der Universität St.Gallen.
Ein weiteres wichtiges Geschäft war der VIII. Nachtrag zum Strassengesetz, der auch die Mountainbike-Strategie des Kantons St.Gallen regelte. Die gesetzliche Grundlage wurde geschaffen, um diesen Sport gezielt zu fördern, während gleichzeitig die Interessen der Landbesitzer, der Landwirtschaft, der Jagd, der Forstwirtschaft und des Naturschutzes berücksichtigt wurden. Der Rat hiess die Vorlage in erster Lesung gut.
Eines der umstrittensten Geschäfte war der Kantonsratsbeschluss über den Bau der „Kantonsstrasse zum See“ mit Kostenbeteiligung am „Anschluss Witen mit Zubringer“. Die Ratslinke argumentierte, dass nach der Ablehnung der Autobahnausbauten auf Bundesebene keine weiteren Strassenbauprojekte mehr nötig seien. Die Ratsmehrheit hielt dagegen, dass diese Strasse der Verkehrsentlastung von Goldach und Rorschach diene und den Gewerbeverkehr aus Wohngebieten fernhalte. Zudem sah die Mehrheit darin eine Chance für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region.
Weitere Geschäfte, die in erster Lesung gutgeheissen wurden, betrafen Anpassungen im Kantonsstrassenplan und die gesetzlichen Grundlagen für das Hochwasserschutzprojekt Rhesi am Rhein. Letzteres sieht über eine Bauzeit von 20 Jahren Investitionen von 2,1 Milliarden Franken vor, wobei die Schweiz und Österreich je die Hälfte der Kosten tragen. Der Kanton St.Gallen muss davon 200 Millionen übernehmen.
Nach der Behandlung weiterer Interpellationen aus dem Gesundheitsdepartement und dem Departement des Innern wurden vier Standesbegehren, Motionen und Postulate behandelt:
- Motion zur Schliessung einer gefährlichen Rechtslücke im polizeilichen Bedrohungsmanagement: Der Kantonsrat forderte die Regierung auf, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Anordnungen anderer Kantone im Bereich Gewaltschutz auch in St.Gallen zu vollziehen.
- Postulat zur nachhaltigen Verkehrsverlagerung für die Sanierung des Rosenbergtunnels: Die Ratsmehrheit trat nicht darauf ein, da die Regierung bereits mit dem Bund nach Lösungen suchte.
- Standesbegehren zur Strategie der „Frühen Förderung“: Eine vorgeschlagene Anpassung der ärztlichen Kontrolluntersuchungen wurde knapp abgelehnt.
- Standesbegehren zur Vereinfachung von Landesverweisungen: Die Ratsmehrheit entschied sich für eine gemässigtere Version des Begehrens, die gezielt auf problematische Fälle abzielte.
In den Schlussabstimmungen wurden folgende Geschäfte verabschiedet:
- III. Nachtrag zum Personalgesetz mit 110 Ja-Stimmen bei 0 Nein-Stimmen.
- Kantonsratsbeschluss über den Beitritt zur interkantonalen Vereinbarung zur BVG- und Stiftungsaufsicht mit 111 Ja-Stimmen bei 0 Nein-Stimmen.
Dank effizientem Arbeiten konnte die Frühlingssession 2025 bereits um 16:35 Uhr nach zwei Tagen abgeschlossen werden. Die Ratspräsidentin verabschiedete die Mitglieder mit besten Grüssen in den kommenden Frühling.