Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Uzwil
23.06.2021

Uzwil: Energiewende-Bilanz und neue Weichenstellung

Die Gemeinde Uzwil förderte bereits 19'000 m2 PV-Anlagen. Bild: Solargenossenschaft Jonschwil-Schwarzenbach.
Mit dem kommunalen Energiewende-Reglement legte die Gemeinde Uzwil 2013 die Basis für ihr verstärktes Engagement hin zur Energiewende. Nun hat sie über diese letzten acht Jahre Bilanz gezogen und auch Weichen neu gestellt.

Seit 2007 ist Uzwil Energiestadt. Damals nutzte die Gemeinde – so das Ergebnis des ersten Audits – 53 Prozent ihres Potenzials in diesem Thema. Energiestadt ist ein einzigartiger Ansatz, um die Leistungen von Gemeinden und Städten anhand objektiver Kriterien messbar zu vergleichen. Gemeinden, die das Label Energiestadt tragen, durchlaufen einen Prozess, der sie zu einer nachhaltigen Energie-, Verkehrs- und Umweltpolitik führt. Der umfassende Ansatz von Energiestadt schlägt sich im Katalog nieder, an dem die Energiestädte gemessen werden. Anhand verschiedenster Themen wird überprüft, welchen Anteil ihres energiepolitischen Handlungspotenziales die jeweilige Gemeinde ausschöpft. Uzwil verstand Energiestadt von Beginn weg als Idee eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Die Audits alle vier Jahre zeichnen genau diese Entwicklung nach. Inzwischen nutzt Uzwil gut 77 Prozent seines Potenzials und gehört damit zur Spitzengruppe der Schweizer Energiestädte. Nebst Uzwil sind in der Region lediglich noch Flawil und Wil Energiestädte.

2,3 Mio. Franken Förderung

Energiestadt kann man auch sein, ohne ein kommunales Förderprogramm zu betreiben. 2013 stellte die Gemeinde Uzwil ihr Engagement auf neue Basis. Eine solide Finanzierung half, mehr Mittel für die Thematik einzusetzen und insbesondere das kommunale Förderprogramm aufzubauen und so Herrn und Frau Uzwiler auf ihrem persönlichen Weg zur Energiewende zu unterstützen. Das damalige Energiewendereglement legte die Basis dazu. Und der Rückblick auf diese acht Jahre fällt durchaus eindrücklich aus. So richtete die Gemeinde in dieser Zeit Förderbeiträge von 2,3 Mio. Franken aus. Diese Förderbeiträge trugen dazu bei, dass Private und Unternehmen in Uzwil über 22 Mio. Franken energetische Investitionen tätigten. Insgesamt bot die Gemeinde in diesen Jahren 16 verschiedene Fördermassnahmen an. Der Mix wurde laufend überprüft und laufend angepasst. Förderungen fielen weg, neue kamen dazu.

19‘000 Quadratmeter PV

Absoluter Spitzenreiter über alle Jahre gesehen sind die 261 ausgerichteten Beiträge von fast 1,4 Mio. Franken für Photovoltaikanlagen. Via Förderung entstand so in der Gemeinde eine zusätzliche Fläche von rund 19‘000 Quadratmeter PV-Anlagen. Trotz diesem Effort ist die installierte Leistung pro Einwohnerin und Einwohner unterdurchschnittlich. Mit deutlichem Abstand zu den PV-Förderungen wurden über 110 Beiträgen von fast 0,5 Mio. Franken für Verbesserungen und Modernisierungen der Gebäudehülle ausgerichtet. Die restlichen Fördergelder teilten sich auf verschiedenste Fördermassnahmen auf. Über die gesamte Nutzungsdauer der unterstützen Projekte resultiert eine Reduktionswirkung von 133 Gigawattstunden Energie und 13‘000 Tonnen CO₂.

Veränderte Förderung

Die Gemeinde überprüft jährlich, welche Förderungen verändert werden, ob neue dazukommen oder bisherige beendet werden. Dabei ist für sie wichtig, welche Umweltwirkung die einzelnen Förderungen erzielen. Mit dem Inkrafttreten des neuen Energiegesetzes im Kanton St. Gallen am 1. Juli verändert sich die Welt. Es ist vor allem auf den Ausstieg aus der Kernenergie ausgerichtet, nicht auf ambitionierte Klimaziele. Bei Neubauten gibts neu eine Verpflichtung, eigenen Strom zu erzeugen. Das wird üblicherweise mit PV-Anlagen erfolgen. Die Gemeinde fördert nicht, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Preiszerfall bei den PV-Anlagen führte ergänzend generell dazu, dass die Förderung relativ stieg. Diese Effekte hat die Gemeinde nun korrigiert und die PV-Förderungen ab 1. Juli angepasst. Ebenfalls ab 1. Juli verzichtet die Gemeinde darauf, Solarstrom-Batterien weiterhin zu fördern. Inzwischen hat die SAK ein akzeptables Preismodell für die Einspeisung von Sonnenstrom ausgerollt. Und auf den gleichen Zeitpunkt streicht die Gemeinde die Förderung von Warmwasser-Sonnenkollektoren. Diese Förderung wurde kaum mehr nachgefragt. Vor allem weil sich die Kombination von PV-Anlagen mit Wärmepumpen zu einer attraktiven Alternative gemausert hat. Angepasst werden auch die Fördersätze für den Heizungsersatz durch eine Holzfeuerung und für den Ersatz einer Öl-, Gas- oder Elektroheizung durch eine Wärmepumpe. Neu werden auch Luft-Wasser-Wärmepumpen gefördert, nachdem sich diese in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt haben und die ursprüngliche Problematik der Lärmemissionen weitgehend verschwunden ist. Neu gefördert wird auch der Ersatz von Elektroboilern. Nur noch bis Ende Jahr fördert die Gemeinde Sanierungen, Ersatzneubauten oder Neubauten in Minergie. Durch den Kanton werden Neubauten in Minergie A und P weiterhin gefördert. Das so neu geschnürte Förderprogramm wird die Gemeinde auch weiterhin rund 300‘000 Franken im Jahr kosten. Und auch weiterhin wird die Gemeinde ihre Begleitaktivitäten – etwa die Energieberatung – anbieten.

Kommunale Anlagen

Nebst der Förderung privater Vorhaben hat die Gemeinde in den letzten acht Jahren durchschnittlich rund 500‘000 Franken in eigene Anlagen investiert. Hauptsächlich wurden damit Photovoltaikanlagen auf den Dächern kommunaler Anlagen umgesetzt, die Strassenbeleuchtung auf LED umgerüstet und auch verschiedene Gebäudebeleuchtungen wurden auf LED umgerüstet. Ein grosser Brocken ist mit der Sanierung der energieintensiven Eishalle derzeit im Bau, dort entsteht auch die grösste Photovoltaik-Anlage in der Gemeinde.

Klimaschutz wohin?

Im Sorgenbarometer 2020 der Credit Suisse rangierte die Thematik Umweltschutz / Klimawandel auf Rang vier der grössten Sorgen der Schweizerinnen und Schweizer, nach der Corona-Pandemie, der Altersvorsorge und der Arbeitslosigkeit. Uzwil ist eine von über 2‘000  Gemeinden und leistet ihren Beitrag zur Energiewende. Im Klimaschutz gibt vor allem der Bund als Gesetzgeber den Takt an. Das Scheitern des CO₂-Gesetzes an der Urne hat den vorgesehenen Weg, wie die Schweiz ihre Klimaverpflichtungen erfüllen will, zur Neubeurteilung zurückgeschickt. Es wäre ein Mosaikstein gewesen, die deutlich ambitionierteren Klimaziele, zu denen sich die Schweiz verpflichtet hat und insbesondere die Reduktion des CO₂-Ausstosses bis ins Jahr 2050 auf netto Null zu erreichen. Damit ist derzeit offen, wie die Schweiz diesen Weg gestaltet. Klar sind sich die Fachleute: Will das Kippen des Klimas verhindert werden, braucht es von allen deutlich mehr Engagement.

Gemeinde Uzwil / UB