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Uzwil
24.08.2021
25.08.2021 10:40 Uhr

Gesundheit sichert im Alter die Lebensqualität

Mit grossem Interesse verfolgten die Zuhörenden die Ausführungen des Referenten. Bild: Ernst Inauen
Das Forum CVP60plus führte nach einem langen, coronabedingten Unterbruch wieder einen Bildungsanlass durch. Im Hof zu Wil befasste sich der Thurgauer Nationalrat und Gesundheitspolitiker Christian Lohr mit dem Thema „Ist unser Gesundheitswesen krank?“

Ernst Inauen

Nach der rund anderthalbjährigen Pause konnte der schon vor zwei Jahren geplante Vortrag über das Thema Gesundheitswesen endlich durchgeführt werden, allerdings mit gewissen Einschränkungen. So mussten sich am Eingang zum Hof Wil vorschriftsgemäss sämtliche Teilnehmenden mit dem offiziellen Zertifikat ausweisen. Im Namen des Forums CVP60plus begrüsste Hans Peter Tobler im Gewölbekeller, im Hof zu Wil, den Referenten Christian Lohr und stellte ihn kurz vor. Gleichzeitig kündete er den Wechsel in der Führung des Forums an: „Die heutige Moderation wird mein letzter Auftritt sein. Der Wiler Erwin Schweizer wird künftig die Verantwortung für die Veranstaltungen übernehmen“. Das Forum CVP60plus organisiert regelmässig spannende Vorträge und spezielle Anlässe, die vor allem auf die Interessen der Altersgruppe im Pensionsalter ausgerichtet sind. Ungeachtet der Parteizugehörigkeit sind sie jedoch für alle offen. Als nächste Veranstaltung ist am 25. Oktober 2021 ein Vortrag des St.Galler Kantonsrat und Revier-Förster Bruno Cozzio über das Thema Neophyten vorgesehen.

Letzter öffentlicher Auftritt von Dr. Hans Peter Tobler beim Forum CVP60plus. Bild: Ernst Inauen

Gesundheitspolitiker mit fundiertem Wissen

Vor seinem Referat bestätigte Christian Lohr, dass er sehr wohl eine Verbundenheit zur Region und zur Stadt Wil habe. So habe er vor zwei Jahren auch an der Wahlfeier für die neugewählte Bundesrätin Karin Keller-Sutter teilgenommen. Kurz sprach Lohr seine persönliche und politische Entwicklung an. Als ein seit der Geburt von Contergan-Auswirkungen betroffener Mensch muss er sich mit einer schweren körperlichen Behinderung abfinden und kann sich nur im Rollstuhl bewegen. Zu seiner persönlichen und zu der politischen Situation führte er ein Zitat von Herakles an: „Man muss sich bewegen. Nur wer sich bewegt, erreicht das Ziel“. Christian Lohr studierte an der Universität Konstanz Volkswirtschaftslehre. Beruflich betätigt er sich als Journalist, Publizist und ist Dozent verschiedener Fachhochschulen. Seit zehn Jahren wirkt der Gesundheitspolitiker im Nationalrat mit und ist Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit sowie in der Redaktionskommission. Aufgrund seiner vielseitigen Tätigkeit in verschiedenen Behindertensportverbänden, bei Pro Infirmis und in der eidgenössischen Politik, konnte der Referent dem interessierten Publikum sein breites Wissen und seine grundlegenden Erkenntnisse vermitteln.

Gesundheitspolitiker Christian Lohr referierte über das Gesundheitswesen. Bild: Ernst Inauen

Hohes Gesundheitsangebot führt zu hohen Kosten

Die Ausgangslage im Gesundheitswesen habe sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, sagte der Referent. Die gestiegene Lebenserwartung habe in den letzten 20 Jahren zu einer Verdoppelung der Kosten geführt. Das Gesundheitsangebot in der Schweiz stehe auf einem hohen Qualitätsniveau und die Wahlfreiheit bei Krankenkassen, Ärzten und Spitälern werde geschätzt. „Wir sind in einer bevorzugten Lage, aber es ist wichtig, dass auch unterentwickelte Länder diese Vorteile haben können“, bemerkte Lohr. Er stellte fest, dass der attraktive Gesundheitsmarkt in der Schweiz auch seine Auswirkungen auf die Kosten habe. Die jährlich steigenden Krankenkassenprämien seien vor allem für den Mittelstand gravierend und dazu noch von Kanton zu Kanton verschieden. Im System gebe es noch zu viele Fehlanreize. Allerdings würden Regulierungsmassnahmen zu neuen Regulierungen führen. Es gebe in den Kantonen individuelle Interessenkonflikte infolge der Mehrfachrollen der Politiker. Das komme auch bezüglich Spitalplanung zum Ausdruck, bei der Kombiangebote keinen Sinn machen würden. Persönlich forderte Lohr, die verschiedenen Organisationen und Krankenkassen in die Pflicht zu nehmen.

Aus den Erfahrungen lernen

Die Diskussion um ein Kostendach werfe die Frage auf, für welche Behandlungen das Budget reiche. Es bestehe zudem die Angst vor eine Zweiklassengesellschaft. Der Weg in die Zukunft führe über vermehrte Innovationen in Forschung und Medizin, über mehr Wettbewerb und patientenbezogene Therapiemodelle. Es seien ein eigenverantwortliches Verhalten und die Gesundheitskompetenz zu fördern. „Gesund sein ist nicht selbstverständlich und wir müssen wieder lernen, sie zu schätzen“, begründete er seine positive Lebenseinstellung. In der allgemeinen Diskussion wurde unter anderem die Coronasituation angesprochen. Man sei unvorbereitet in eine Entwicklung geraten, die zu spontanen Massnahmen führten. Es sei wichtig, aus diesen Erfahrungen zu lernen. Abschliessend verneinte Lohr, dass unser Gesundheitswesen krank sei. Die Entwicklung sei jedoch gut zu verfolgen und entsprechende Aktivitäts- und Ernährungsprogramme zu kreieren. „Wir haben vieles in den eigenen Händen, packen wir es an. Eigenverantwortung und Solidarität ist für die ganze Gesellschaft gefordert“.

Ernst Inauen